Weihnachten ist ein schönes Fest
„Das Papier ist der Acker,
drum schreibe ich so wacker,
die Feder ist der Pflug,
drum schreibe ich so klug.“[1]
Meine Erstkommunion
Weihnachten 1966 waren für mich sehr schöne Weihnachten. Warum? Ich bekam nämlich ein Luftdruckgewehr geschenkt. Mit diesem so heiß begehrten Gewehr war ich endlich ein richtiger Cowboy oder später auch Indianer. Am Anfang hatten die Indianer ja, so wie ich, noch keine Gewehre, sondern nur Pfeil und Bogen.
Ich besuchte bereits die 2. Klasse der Hauptschule in Leibnitz und mein täglicher Schulweg führte mich in Leibnitz bei der Firma Kada, einem Geschäft für Werkzeuge, Geschirr, aber auch Waffen, vorbei. Solch ein Luftdruckgewehr stand „dummerweise“ in der Auslage, und mein Wunsch, ein Gewehr zu besitzen, wurde täglich größer. Am Anfang war es ein Luftdruckgewehr unter vielen, aber je öfter ich in die Auslage schaute, umso mehr sah ich darin mein Luftdruckgewehr. Es war das kleinste Gewehr, ein Vorderlader um ÖS 165,- (etwa 12 €). Ganz wichtig war aber, dass das Gewehr gespannt wurde, in dem man es abknickte wie ein Repetiergewehr, wie ich es aus den Westernfilmen kannte. Nun hatte ich aber bei weitem keine 165 ÖS und umsonst bekommt man so eine schöne „Silberbüchse“ auch nicht. Gewehre hatte ich natürlich schon vor dieser Zeit, aber alle waren nur aus Holz geschnitzt, sahen zwar verblüffend echt aus, hatten aber leider keine Funktion. Auch Pistolen gab es zur Genüge, sogar welche, die mit Schwefelplättchen ein wenig Lärm machten. Mit so einem neuen Luftdruckgewehr wäre man für alle Eventualitäten beim Spielen mit Freunden gerüstet - nicht zu vergessen der Gewinn des Ansehens in der Gruppe. Im Laufe des Jahres wuchs in mir immer mehr der Entschluss, dass das Gewehr das ideale Weihnachtsgeschenk für mich wäre.
Wen konnte ich nun für meine Idee gewinnen? Wir drei Geschwister, Franzerl, Mitzerl und ich, wohnten bereits alleine am Demmerkogel, Höch 80. Vater (Tati) und Mutter (Mami) waren schon verstorben. Mir war sofort klar, dass da nur mein Bruder, zur damaligen Zeit etwa 19 Jahre alt, in Frage käme. Mit all meiner Überredungskunst gelang es mir, ihn von der Wichtigkeit meines Vorhabens zu überzeugen. Mit dem Moped, einer blauen Puch DS 50, die später in meinen Besitz überging, fuhren wir in der Winterskälte nach Leibnitz zum Einkaufen. Bei dem ersehnten Gewehr konnte man vorne ein kleines Röhrchen abschrauben, in das die sogenannten „Stamperln“ hineingedrückt wurden. Das geladene Rohr wurde wieder in den Lauf eingeschraubt, anschließend wurde das Gewehr repetiert und somit war es schussbereit. Nun war ich stolzer Besitzer, bzw. hatte eine Option, dass zu Weihnachten ein Gewehr für mich unter dem Christbaum liegen würde.
Und wirklich, als es schließlich nach schier unendlich langer Zeit doch Heiliger Abend wurde, lag für mich unter dem Christbaum mein Gewehr. Ich glaube, das war für lange Zeit das schönste Weihnachtsgeschenk für mich.
Nun aber begann erst die Erprobungsphase. Wo soll man im Winter, wenn es draußen eiskalt ist, schon schießen? Für die ersten Schießübungen boten sich hervorragend die Kugeln auf dem Christbaum an. Wegen Platzmangels war bei uns der Christbaum immer am Wipfel an der Decke, an einem dafür vorgesehenen Haken, befestigt. Leider gab es nicht allzu viele Kugeln und diese waren bald alle „erlegt“. Man hatte sofort eine Rückmeldung, ob der Schuss ein Treffer war oder nicht. Da der Christbaum über dem Bett hing, konnte man sich sogar noch abends über die eigene Treffsicherheit freuen, da die Splitter im ganzen Bett verteilt lagen. Interessanterweise kann ich mich nicht mehr erinnern, ob sich meine Geschwister über meine Treffsicherheit genauso freuten wie ich. Wahrscheinlich habe ich die Schimpferei ganz aus meinem Gedächtnis verdrängt. Zur Grundausstattung gehörte eine Schachtel mit 500 „Stamperln“. Diese waren aber bald verschossen. Daraufhin verwendete ich Fensterkitt, den ich von der Tischlerei Lang, unserem Nachbarn, erhielt. Das hatte den Vorteil, dass man schon einmal jemandem einen Schuss auf den Pelz knallen konnte. Es gab nur einen „Brenner“ und man wurde kaum verwundet. Ria, meine Schwester, hat heute noch drei Narben an ihren Unterarmen, die von meiner Ungeübtheit in der Verwendung des Schießeisens zeugen. Im Laufe der Zeit wurde ich im Umgang mit Kimme und Korn immer besser und schoss sogar bei Kerzen die Flammen aus. Gott sei Dank ist nie etwas Ernsthaftes passiert.
Irgendwann hat auch das Interesse nachgelassen und das Gewehr geriet in Vergessenheit.