Als ich noch der kleine Fluribua war

 

Warum nur, warum?

 

Als ich meinen 50sten Geburtstag am Demmerkogel, genauer in Brudersegg in der Buschenschenke „Gerngroß“, feierte, wurden 50 Leute – Verwandte, Freunde und Kollegen - geladen. Alle kamen, und jeder von ihnen war ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Zur Begrüßung erzählte ich einige „Gschichterln“ aus meiner Kindheit, die so sehr ankamen, dass viele mich aufforderten, diese Anekdoten zu sammeln und aufzuschreiben.

Diese Erinnerungen wurden nun im Laufe von fünf Jahren aus meinem Gedächtnis an ganz unterschiedlichen Plätzen hervorgekramt, z.B. in Karpathos beim Surfen, auf Gran Canaria beim Biken oder am Gardasee. Meist entstanden die Geschichten an Tagen, wenn es keinen Wind zum Surfen gab oder eine Radtour nicht möglich war.

Als kleiner Bub vom Demmerkogel konnte ich mir nicht vorstellen, einmal ins Ausland zu reisen. Nun, als großer Bub, bin ich glücklich, auf meinen Reisen immer wieder nette Leute getroffen zu haben, die genauso ein Buch über ihre bewegte Vergangenheit schreiben könnten, z.B. Drazana aus Kroatien, die nach Österreich kam und kein Wort Deutsch verstand, Harry, der Tomatenmann auf Karpathos, Italgo aus Bolivien, Maria aus Albanien, Veronica aus Bulgarien oder meine Christl aus München. Ihre Lebensgeschichten wären sicher genauso interessant wie meine - vielleicht kann ich den einen oder die andere dazu motivieren, auch ihre Erinnerungen zu erzählen.

Ein weiterer Grund, Geschichten aus meiner Jugend aufzuschreiben, war der, dass bei mir 1999 ein NHL (Lymphknotenkrebs) diagnostiziert wurde. Während der sechs Wochen, die ich in der Klinik verbrachte, sah ich viele tapfere Kinder ohne Haare und mit Mundschutz. Da musste ich feststellen, dass ich eine sehr schöne, lustige und gesunde Kindheit verbracht und bereits viel von meinem Leben gehabt hatte. Vielleicht habe ich mein Leben nicht immer optimal genutzt - habe sicher manchmal für mich und andere die falsche Entscheidung getroffen oder meine Handlungen waren nicht immer Vorbild für Freunde und Kollegen.

Durch das Aufschreiben meiner Geschichten konnte ich nochmals unbeschwert meine Kindheit durchleben, was viele dieser kleinen KrebspatientenInnen leider nicht tun können.

Wenn ich jedoch einige Dinge nicht ganz richtig oder sogar falsch wiedergegeben habe, bitte ich, nicht allzu grob mit mir ins Gericht zu gehen, da alles aus meinen Erinnerungen stammt und diese natürlich auch meine Betrachtungsweise wiedergeben.

Auch wenn ich die eine oder andere Person zu kurz oder gar unrichtig beschrieben habe, darf man mir nicht böse sein, denn oft sind es gerade unwichtige Dinge, die mir als Kind besonders in Erinnerung geblieben sind.

Ich versuchte, die Erzählungen einigermaßen chronologisch zu ordnen, doch oft überschnitten sich Ereignisse und es mussten immer wieder Querverbindungen zu einer anderen Zeit hergestellt werden. Einzig die erste Geschichte tanzt ein wenig aus der Reihe, da sie, wie ich meine, besonders charakteristisch für meine Kindheit ist.

Das Buch erzählt von wahren Begebenheiten, die ich von meiner Geburt bis zum Alter von etwa 15 Jahren erlebte. Dann ging für mich die Zeit als „kleiner Fluribua“ zu Ende. Im Herbst 1969 wurde mein Wohnsitz nach Graz, ins Landesschülerheim 2 in der Herdergasse, verlegt.

Zur Erinnerung an meine Mutter möchte ich zwischendurch Gedichte und Verse, die ich in ihrem Nachlass gefunden habe ‑ teils selbst geschrieben, teils gesammelt - einflechten.